Gedankenbilder.
Stets Zwei.
Ein altes Lied im Radio auf der Fahrt: Culture Club. Und
plötzlich tut's weh. Sehnsucht nach dieser Zeit, in
der die Welt noch anders war - wenig narzisstisch. Das Leben, das
Umfeld, die Politik, kleine Dinge wie die Musik - die Menschen
erst recht.
Die 80er Jahre im Osten und ländlichen Raum.
Seit der Osten zum Westen kam, gibt’s nur noch den, den Westen.
Sie reden selbst heute „für alle“, obwohl der Osten noch immer was
anderes ist. Und im Osten hats nur noch die großen Städte, Berlin,
Dresden, Leipzig … So ist das, wenn's „größer wird“. Da gehen die
Kleinen unter. Aber sie sind noch
da.
Im Osten war es mal wichtig, ob man seine Versprechen hielt. Ob
einer höflich war, respektvoll, verlässlich, ehrlich. „Beziehung“
war wichtig. Wichtig, ob einer was konnte, über Wissen,
Intelligenz, Fleiß verfügte, was einer gelernt hatte und ob feige
oder mutig, schwach oder stark. Wichtig sein Engagement, seine
Begeisterung, die Intention, seine Glaubwürdigkeit. Und beim
Materiellen war wichtig, ob man „normal“ davon leben konnte und so
auch, ob ein Produkt lange hielt. Wenn nicht, kaufte man es nicht
bzw. gab sich mit der Person nicht ab.
Das war man sich wert. Genau wie körperliche Arbeit viel wert war
und große Unterschiede gabs auch nicht.
Man verdiente nicht viel, aber zum normalen Leben reichte es. Die
Mieten waren gering, ein Mischbrot kostete unter einer Mark, das
Brötchen fünf Pfennig, 250 Gramm "gute" Butter 2,50 Mark, ein Glas
Marmelade 54 Pfennig. Technik war teuer, hielt aber „fürs Leben“.
Und falls doch mal was ausfiel, gab es Leute, die reparierten.
Die Menschen im Osten waren erfinderisch und Probleme wurden
gelöst, nicht drüber palavert.
Das Grundlegende war ja auch vorhanden. Die Arbeit war sicher, die
Kinder versorgt, und wenn man krank war … alles geregelt. Angst
vor dem Alter brauchte man auch nicht zu haben. Oder als
alleinerziehende Person. Und wo man was laut sagen durfte oder
nicht, war uns klar. Machten sich eh alle ihre „eigenen Gedanken“.
Am Wochenende gingen wir spazieren, unseren Hobbys nach,
arbeiteten oder erholten uns im Garten, besuchten Verwandte,
Freunde, Bekannte, spielten mit den Nachbarn Karten im Gasthof
oder trafen uns auf ein Bier, grillten, schwatzten. Falls es
gebraucht wurde, half man sich, gegenseitig.
Normalität. Genau wie „je zwei Programme“ im Fernsehen.
Mit der Wende tauchten
neue Leute auf, die dem Osten
beibringen wollten, was Leben „eigentlich“ sei, worauf es
"eigentlich" ankommt und wie man's macht. Sie meinten, dass
wichtiger wäre, ob einer sich durchsetzen kann. Sich und seins
natürlich, was anderes wäre nicht wichtig, und wie war egal, der
andere auch. Daher wichtig, Macht zu besitzen, Geld, denn so
braucht man selbst nichts mehr zu können oder zu wissen.
„Experten“ kann man sich kaufen – oder sie dazu erklären. Die
„Vermarktung“, sprich erfolgreich zu lügen, gleich dazu.
Ab Ende der 90er war es dann vollkommen da, „die Größe“. Das neue
Leben, das vielgerühmte bessere. Das Alte verschwand in
Windeseile. Sie machten es kaputt, tricksten, täuschten, klauten,
nahmen weg. In der „neuen Welt“, ähm System, war das halt so. Da
fragt man nicht, ob irgendwer darunter leidet und wie viele das
sind. Das ist Größe. Besitz, Haben, Kriegen und immer so billig
wie möglich. „Geiz ist geil“, weil der Mensch nun mal so sei, also
nur haben will und das mit geringstmöglichem Aufwand.
Um ein Buch herauszubringen, muss man selber nicht mehr schreiben
können. Als Sänger braucht es keine gute Stimme mehr und für Musik
auch nicht die Begabung. Es heißt, alles verändere sich, nur eben
selten zum Guten. Stimmt.
Was waren das mal für tolle Werke, Lieder, Filme, Schauspieler,
Sänger, Entertainer, Kabarettisten - sogar Politiker. Damals, in
der Zeit, als Können, Begabung, Intelligenz, solide Ausbildung,
Inhalt und Leistung noch wichtig war, um Erfolg zu haben und zu
verdienen. Was daraus wurde, weiß jeder. Musikalisch Geplärre, wo
auch noch eins wie's andere klingt, Bücher, die sich bis zur Decke
stapeln und keiner liest. Politiker, denen das Volk und Land
wurscht ist, Hauptsache sie und ihres. Und Kabarettisten sind nun
selbst ein Witz. Schauspieler können nicht mal noch reden ... Und
ansonsten die gelackte Oberfläche, Kälte, Benehmen, dass es den
Hund graut, Egoismus, Arroganz, Gleichgültigkeit, Desinteresse,
Dummheit und Doppelmoral, Feigheit nicht zu vergessen.
Das kommt bei „Größe“ halt raus, eingebildeter, denn dahinter
steckt - leider gar nichts. Null Qualität.
Sie wissen, wie sie den Fuß in die Tür bekommen. Sind sie drin,
verwüsten sie nur, hinterlassen Chaos. Das Schöne des Anfangs löst
sich sehr schnell in Luft auf, denn dann sind sie ja drin und
meinen, von nun an tun und lassen zu können, was sie wollen. Ohne
zu brauchen, ohne zu bieten. Haben sie nicht nötig – sie sind „die
Größten“. Denken sie, aber auch
nur sie.
Denn zu allem, was ist, braucht es Zwei. Die eine
und die
andere Seite. Ohne die eine ist die andere gar nichts. Es hat sie
nicht mal. Wo nichts Schlechtes ist, gibt's auch kein Gutes und
umgekehrt ist dasselbe.
Was also macht der Narzisst/Narzissmus, wenn auf der anderen Seite
keiner mehr da ist? Niemand der macht, was er sagt, keinen zum
kontrollieren, bevormunden, animieren, belehren, kleinmachen,
zerstören, die Ohren vollheulen und was sie auch sonst noch alles
so tun? Wenn es niemanden mehr gibt, der sich von ihnen reinlegen
lässt?
Genau. Narzisstische Wut. Als Erstes. Unbeschreiblich in seinem
Ausmaß, aber auch dumm, denn das ist sein Ende, egal wie es
aussieht.
Die Prinzen: "Alles nur geklaut"
Bis bald.
See you soon
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